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"Predictive Caring" - eine neue Form der Intelligenz


Je stärker die Künstliche Intelligenz in unser Leben vorrückt, desto eher läuft sie unserer eigenen menschlichen Intelligenz den Rang ab. Ich kann das auch anders herum formulieren: Je weniger wir an unserer eigenen Intelligenz arbeiten, desto schneller werden uns die Künstliche Intelligenz und smarte Algorithmen überholen. Wo aber können wir als Spezies Mensch intelligenter werden? Haben wir überhaupt den Willen dazu, die notwendige Energie? Haben wir einen Plan, was der Mensch in 100 oder 200 Jahren können soll? Besser können soll als heute? Mein Eindruck: Niemand hat einen Plan. Der Mensch ist sich selbst genug. Während Künstliche Intelligenz sich permanent verbessert, beschränkt der Mensch seine Optimierung auf Wellness-Urlaube, Muckibuden, Botox und Nahrungsergänzungsmittel. Die Künstliche Intelligenz würde sich totlachen, wenn sie das sehen könnte.

Weil uns völlig entgeht, dass wir von genau dieser Künstlichen Intelligenz lernen können. In der Tat: Der Mensch kann nicht nur von anderen Menschen lernen, er kann auch von intelligenten Maschinen lernen. Zum Beispiel zu signalisieren, wenn es nicht mehr geht. Wenn etwas kaputt zu gehen droht. Etwas nicht in Ordnung ist. Bei der Maschine läuft das unter dem Begriff "Predictive Maintenance", der Warnung, dass in Kürze etwas schief laufen könnte. Die Maschine stellt sich daraufhin von selbst ab - und wir halten das für sehr vernünftig. Wir haben die Maschine ja genau daraufhin programmiert. Um so erstaunlicher: Als Menschen machen wir genau das Gegenteil: Wir schleppen uns ins Büro ("Doch, geht schon"), obwohl der grippale Effekt schon voll zugeschlagen hat. Wir verdrängen Signale des Körpers, wenn er sich überlastet fühlt. Wir arbeiten heimlich vom häuslichen Bett aus, weil die Mails ja beantwortet werden müssen. Anders machen wir es erst, wenn der Körper völl zugeschlagen hat: Infarkt, Embolie, BurnOut, Osteoporose, Depression, Selbstmordgedanken, Tod. Denn wer würde schon seinem Chef gerne ins Gesicht gucken und sagen: "Chef, ich muss nen bißchen langsamer machen...". Jemanden, der langsamer machen muss, kann der Chef nicht brauchen. Oder: "Chef, meine Konzentration lässt nach, ich müsste mich mal ne Woche wirklich durchchecken lassen". Sagen Sie das? Trauen Sie sich das? Ist das in Ihrem Arbeitsumfeld möglich?

Künstlich intelligente Maschinen können das. Und dürfen das. Fragen Sie ihren Chef genau das: Warum programmieren wir Maschinen und Roboter für etwas, was wir dem Menschen nicht erlauben? Die ganze Diskussion um NewWork, um neue Formen der Teamarbeit in der globalen Welt, um agile und flexible Organisation, neue Mindsets und  disruptives Denken geht völlig am Kern der Dinge vorbei. "Predictive Caring", die Sorge darum, dass der Mensch, der Mitarbeiter heil bleibt, ist deutlich weniger ausgeprägt als die Sorge darum, dass irgendeine Maschine kaputt gehen könnte. "Predictive Caring", die vorausschauende Sorge um sich selbst, das Wahrnehmen von Krisensymptomen, von Dingen, die nicht stimmen, von Lebensentwürfen, die unter dem Arbeitsdruck gerade zerbrechen, all das wäre eine neue Form der human-menschlichen Intelligenz. Eine Intelligenz, die der Mitarbeiter selber entwickeln, für die dann aber auch das Unternehmen Verantwortung tragen muss.

"Predictive Caring" ist keine Einladung zum Blaumachen und keineswegs auf den Arbeitsbereich beschränkt. "Predictive Caring" ist ein intelligentes Frühwarnsystem in unserem Gehirn, das uns rechtzeitig Signale gibt, wenn etwas kaputt zu gehen droht: Beziehungen, Partnerschaften, Selbstwertgefühle, Sinnhaftigkeiten, Jobs. Und das wir in der Regel überhören: Es geht ja noch alles gut. Irgendwie läuft es ja noch. Es läuft nur, bis es zu spät ist. Intelligente Roboter haben das begriffen. Wir Menschen offenbar noch nicht.

Ich freue mich auf Eure Reaktionen. What do you think? Am I right?

Euer Zeitgeist-Blogger Klaus-Ulrich alias #blackyforest

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